Unendliche weiße Weiten, Schneesturm und viel Ruhe
Geplagt von Projekt-Deadlines und Überstunden suchten wir Anfang des Jahres nach Möglichkeiten bestmöglicher entspannung. Nach Urlaub an fernen Stränden stand uns nicht der Sinn. Da wir diesen Winter auch kaum Zeit hatten den Schnee zu genießen, kam uns die Idee uns (wenigestens für ein paar Tage) richtig einschnein zu lassen. Bei einem Tripp durch Norwegen sollte sich das ja machen lassen. Der gobe Plan sah vor von Oslo nach Vatnahalsen, nach Flam, nach Bergen und zurück mit Bahn, Bus und Fähre zu fahren und jeweils mehrere Nächte zu verweilen. Im Folgenden ein paar Impressionen vom Aufenthalt in Vatnahalsen.
Die Zugfahrt von Oslo nach Myrdal konnte bereits mit beeindruckenden verschneiten Landschaften aufwarten. Im 866 m hoch gelegenen Myrdal staunten wir nicht schlecht, als wir sahen, dass unser Anschlusszug von Gleis 11 abfährt. Warum sollte es so weit weg von der Zivilisation einen so großen Bahnhof geben? Nun, vielleicht waren die Einsen gerade im Angebot, der Bahnhof hatte jedenfalls nur zwei Gleise: Gleis Eins und Gleis Elf. Die historische Flam-Bahn wartete also am Bahnsteig gegenüber. Wir mussten nur kurz hinüberstapfen. Richtig laufen war bei dem Schnee auch kaum möglich. Gut dass sich die Koffer tragen ließen.
In der Flam-Bahn ernteten wir dann skeptische Blicke als wir der Zugbegleiterin erklärten, wir wollen nach nur drei Minuten Fahrt in Vatnahalsen aussteigen. Auch die anderen Fahrgäste staunten nicht schlecht, dass an diesem Bahnhof am Ende der Welt jemand aussteigt. Wo im Sommer täglich über tausend Gäste von Flam heraufkommen um auf der Terasse Kaffee zu tringen, finden sich im Winter kaum Spuren im Schnee. So staunte auch das Hotelpersonal nicht schlecht als wir mit unserem Gepäck durch den Schnee stapften und den Eingang zum Hotel suchten. Der war so hoch vom Schnee bedeckt, dass er vom „Weg“ aus nicht zu sehen war. Das familienbetriebene Hotel scheint die letzte grundlegen Renovierung schon ein paar Tage hinter sich zu haben. Die Lobby und der höher gelegene Leseraum, welcher eine tolle Aussicht über die Schlucht und die Eisenbahn bietet, sind jedoch geschmackvoll eingerichtet und laden zum Verweilen ein.
Nach unserer ersten Nacht, welche wir alleine hier verbrachten, mussten wir die gebotenen Aufenthaltsmöglichkeiten auch nutzen. Der Schneesturm der draußen tobte war so stark, dass es sogar etwas Schnee durch die Ritzen der betagten Fenster drückte. Die reichlich vorhandenen Elektroheizungen konnten aber stets eine behagliche Wärme bereiten. Nach dem reichtlichen und abwechslungsreichen Frühstück verbrachten wir so den ersten Vormittag damit zu Billiard und Monopoly zu spielen. Das „Einschneien lassen“ hat also prima geklappt!
Nach dem Mittag flaute der Wind allerdings ein wenig ab und wir wagten uns mit Schneeschuhen ins Freie. Das freundliche Hotelpersonal konnte uns aber keine genaue Wegbeschreibung geben. „Wege“ findet man dort im Februar eher selten. Also ging es querfeldein durch weiße, ebene Schneeflächen. Unser Ziel war der Wasserfall unterhalb von Vatnahalsen. Dieser stellt wohl die einzige Attraktion hier da. Sogar ein Bahnsteig ist unmittelbar unterhalb des Wasserfalls. Die Bahn hällt hier nur damit die Touris ein Foto machen können. Im Winter ist natürlich alles eingefroren. So war der Wasserfall an sich weniger spektakulär. Aber der Weg dahin war durch den Sturm um so abenteuerlicher. Der Wind verwehte jede Spur im Handumdrehen; sich gegen ihn zu stellen tat weh. Dennoch wagten wir uns über den Zufluss des Wasserfalls und versuchten durch den Schnee hindurch Fotos von meterlangen EIszapfen zu machen. Die Wasserkraft wurde hier übrigens genutzt um Strom für die elektrischen Bohrmaschinen zu gewinnen, welche zum Bau der Eisenbahntunnel verwendet wurden.
Nach zwei Stunden anstrengender Wanderung waren wir wieder im behaglich warmen Hotel. Die Dame an der Rezeption hatte sich schon Sorgen gemacht. Nach einer warmen Dusche genossen wir schließlich das wohlverdiente Abendbrot. Auch wenn das Essen gut zubereitet und sättigend war: Auswahlt hatten wir diesbezüglich keine, da auch in der zweiten Nacht nur ein Gast mehr eingecheckt war. Extrawünsche sollte man in der Wintersaison also nicht mit nach Vatnahalsen bringen. Aber eben das fehlen von Möglichkeiten befreit von der Qual der Wahl und macht einen Aufenthalt im Winter in dieser Ecke von Norwegen um so entspannter.